Bruterfolgsmonitoring und Farbberingung von Sturmmöwen in den NSG Langenwerder und Walfisch

Ergebnisse aus der Brutsaison der Sturmmöwe auf der Insel Langenwerder im Jahr 2015 von Arne Köhler

Im Jahr 2015 wurden auf der Insel Langenwerder zum sechsten Mal zwei Kontrollflächen zum Erfassen des Bruterfolgs der Sturmmöwen eingerichtet. Diese lagen wie in den Vorjahren im zentralen Inselbereich nordöstlich des Stationsgebäudes (Kontrollfläche Wiese) sowie nördlich in den Dünen nahe dem Weststrand (Kontrollfläche Düne). Ab dem 16. Mai 2015 wurden diese Versuchsflächen alle drei Tage durch Dieter Jäkel begangen und die Anzahl sowie die Größe der Gelege erfasst.

Die Anzahl der Gelege auf den Kontrollflächen, die seit 2011 den gleichen Flächeninhalt haben, ging erneut zurück. Auf der Kontrollfläche Düne wurden zehn und auf der Kontrollfläche Wiese vier Gelege weniger als 2014 gezählt. Diese Entwicklung passt zu dem 2015 für die gesamte Insel festgestellten Rückgang der Gelegezahl von 1.900 auf 1.700 Nester.

Zwischen dem 2. und 17. Juli 2015 wurden die Sturmmöwenküken der beiden Flächen beringt. Das Gros der Tiere konnte während der Beringungsaktionen am 2. und 7. Juli markiert werden. Auf der Kontrollfläche Wiese wurden von den insgesamt 68 geschlüpften Küken 44 beringt. Von den fehlenden Küken konnten drei verendet gefunden werden, während bei den restlichen anzunehmen ist, dass sie Artgenossen oder anderen Vögeln zum Opfer fielen. So konnte am 4., 6. und 12. Juli von Dieter Köhler beobachtet werden, wie ein Seeadler jeweils ein Küken auf der Fläche fing.

Seeadler erbeutet ein beringtes Sturmmöwenküken auf der Kontrollfläche Wiese am 12. Juli 2015 (Fotos: D. Köhler)
Seeadler erbeutet ein beringtes Sturmmöwenküken auf der Kontrollfläche Wiese am 12. Juli 2015 (Fotos: D. Köhler)

Beim letzten Angriff erbeutete der Seeadler eine beringte Jungmöwe während es bei den früheren Attacken unklar bleibt, ob die Beutetiere bereits beringt waren oder nicht. Für die Berechnung des Bruterfolgs wird davon ausgegangen, dass diese unberingt waren. Bei einer Anzahl von 38 flüggen Küken (44 Beringungen abzüglich von fünf Totfunden und dem Seeadleropfer) errechnet sich bei 60 Nestern ein Bruterfolg von 0,63 flüggen Küken pro Nest. Auf der Kotrollfläche Düne konnten von 24 geschlüpften Küken 23 beringt werden. Da ein beringtes Tier kurze Zeit später tot gefunden wurde, ist davon auszugehen, dass 22 Sturmmöwenküken die Flugfähigkeit erlangten. Prädationsereignisse waren bei der Kontrollfläche Düne nicht zu beobachten. Der errechnete Bruterfolg lag demnach mit 0,71 flüggen Küken pro Nest etwa auf dem gleichen Niveau wie bei der Kontrollfläche Wiese. Im Vergleich zum Jahr 2014 zeigt sich bei beiden Flächen eine deutliche Reduktion des Bruterfolgs. Bei der Kontrollfläche Wiese beträgt dieser Rückgang sogar mehr als die Hälfte und lag somit etwa auf dem Niveau von 2011 und 2012. Der Bruterfolg der Kontrollfläche Düne war in etwa so groß wie im Jahr 2011.

Insgesamt wurden von 2010 bis 2015 auf den beiden Kontrollflächen 543 nichtflügge Sturmmöwen beringt, von denen bis zum 1. Februar 2016 298 Wiederfunde oder Ablesungen vorliegen. Von diesen Beringungen erfolgten 344 auf der Kontrollfläche Wiese (davon 263 mit zusätzlichem Farbring; dies entspricht 76%) und 199 auf der Kontrollfläche Düne (davon 186 mit zusätzlichem Farbring; 93%). Es zeigt sich, dass die Sturmmöwen, die auf der Kontrollfläche Wiese beringt wurden, eine geringere Wiederfundwahrscheinlichkeit aufweisen als die Tiere von der Probefläche Düne. So wurden bis zum 1. Februar 2016 von den 295 beringten und flüggen gewordenen Sturmmöwen der Kontrollfläche Wiese 21 Individuen mindestens einmal beobachtet oder später tot aufgefunden. Dies entspricht einer Wiederfundquote von 7,1%. Auf der Kontrollfläche Düne wurden von 166 beringten und flüggen Jungmöwen 22 Tiere mindestens einmal abgelesen oder wiedergefunden (13,3%). Leider konnten nicht immer alle Sturmmöwenküken auch mit einem zusätzlichen Farbring versehen werden, so dass deren Wiederfundwahrscheinlichkeit geringer ist. Klammert man diese Tiere aus und betrachtet nur die farbberingten, flüggen Sturmmöwen der Kontrollflächen bleibt ein – wenn auch geringerer – Unterschied zwischen den Kontrollflächen erhalten (Kontrollfläche Wiese: 9,6%; Kontrollfläche Düne: 14,1%).

Gerade für die Sturmmöwen der letzten Jahrgänge werden die Wiederfundraten noch ansteigen – hoffentlich auch durch eine verstärkte Ableseaktivität der Gebietsbetreuer(!) – und sich den Werten angleichen, die durch das Farbberingungsprogramm von Rolf Nessing auf der Insel Walfisch er­mittelt wurden. Sollte der Unterschied zwischen den beiden Kontrollflächen dann weiterhin bestehen und sich auch in statistischen Tests als signifikant erweisen, hieße das, dass die Sturmmöwen der Kontrollflächen zwar keine deutlichen Unterschiede im Bruterfolg zeigen, wie es als Ausgangshypothese des Kontrollflächenprojektes angenommen wurde, sondern dass die Küken der Kontrollfläche Wiese eine erhöhte Sterblichkeit direkt nach dem Ausfliegen aufweisen. Die bisher vermutete höhere Fitness der Brutvögel im dicht besiedelten Bereich der Kolonie (Kontrollfläche Düne) wäre demnach nicht am Bruterfolg sondern an der höheren Überlebenswahrscheinlichkeit der Jungmöwen kurz nach dem Flüggewerden festzumachen. Es ist also zu erwarten, dass die Sturmmöwenküken der Kontrollfläche Wiese kurz vor dem Ausfliegen ein geringeres Körpergewicht als die Möwen der Kontrollfläche Düne besitzen. Wünschenswert wäre es daher, während der kommenden Beringungsaktionen auch das Gewicht der Tiere zu erheben, um weitere Indizien für die oben genannte Hypothese zu sammeln.

 Bei der Sturmmöwenberingung:

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