Zur Geschichte der Insel Langenwerder

Historisches:

Bericht für das Jahr 1950

Er ist von Eduard Reitze verfasst worden und am 19.12.1950 dem Landesamt für Denkmalpflege, das damals auch für den Naturschutz zuständig war, in Schwerin übergeben worden.

Abschlussbericht über die Vogelschutzinsel Langenwerder

Seit Ende der Brutsaison 1949 nach der Zurückziehung des Wärters und der Polizei, bis zum Anfang der Brutsaison 1950 wurde die Vogelschutzinsel Langenwerder laufend von mir überprüft und kontrolliert. Trotzdem wurde zweimal in die Schutzhütte eingebrochen und sämtliche Einrichtungsgegenstände sowie drei Feldfernsprecher, 100 Meter Feldkabel und einiges Werkzeug gestohlen. Die Ermittlungen der Volkspolizei sowie der Wasserschutzpoliizei führten zu keinem Ergebnis. Im Herbst 1949 wurden von mir 400 Holundersträucher auf der Insel angepflanzt, um auf diese Art den Entenarten Nistgelegenheiten zu schaffen. Von diesen Sträuchern sind 90 % angewachsen, so dass wir im nächsten Jahr schon Nistgelegenheiten haben werden. Am 3.5.1950 wurde die Insel durch den Wärter, Herrn Vehlhaber, besetzt. Die Wasserschutzpolizei schickte ihre ersten beiden Beamten am 5.5.50. Der Wärter wohnte in der Schutzhütte, die Polizei im Wohnwagen, der den Winter über instand gesetzt wurde.

Die Legetätigkeit war zu Anfang der Saison sehr schwach, setzte aber ganz plötzlich zu Ende des Monats Mai ein. Die Hauptlegetätigkeit dauerte nur ca. 10 Tage. Schätzungsweise war die Insel mit 6000 Sturmmöwen, 150 Silbermöwen, 150 bis 200 Lachmöwen, 600 bis 800 Seeschwalben, 30 bis 40 Austernfischern und ca. 30 Sägern besetzt.

An Jungtieren sind schätzungsweise geschlüpft: Sturmmöwen 3000 bis 3500, Silbermöwen 200, Lachmöwen 120 bis 150, Austernfischer 60 bis 100, Seeschwalben 400. Die Zahlen zeigen, dass wir auch in diesem Jahr von einem guten Ergebnis sprechen können.

Die Zusammenarbeit mit der Wasserschutzpolizei war zufriedenstellend. Am 15. Juli wurde die Polizei plötzlich und ohne vorherige Benachrichtigung zurückgezogen. Eine Rücksprache mit dem Polizeichef verlief ergebnislos, da er die Verantwortung mit der Bemerkung ablehnte, dass die Wasserschutzpolizei für dieses Gebiet nicht zuständig sei. Immer wieder ist festzustellen, dass Dienststellen sich nur dann verantwortlich fühlen, solange die Eier brauchbar sind.

Herr Vehlhaber wurde am 30. Juli zurückgezogen. Die Schutzhütte selbst wurde vollständig ausgeräumt und das Mobiliar im Wohnwagen untergestellt. Der Wohnwagen wurde nach Gollwitz zu einem Bauern gebracht.

Die Universität Rostock beabsichtigt, die Schutzhütte auf Langenwerder bis zum Anfang der nächsten Saison auszubauen, so dass sie auch als Arbeitsplatz für einige Studenten dienen kann.
Ein Boot zur Überfahrt ist auch wieder vorhanden, welches den Winter über in Wismar lagert.

Der Besuch der Insel war in diesem Jahr sehr stark. Es wurde allerdings nur Personen mit einer schriftlichen Genehmigung der Universität Rostock dass Betreten der Insel gestattet.

In einem Fall wurden allerdings die Anordnungen des Wärters nicht befolgt. Es erschien ein Lehrer Jahn aus Schwerin mit ca. 40 Schülern. Nachdem der Wärter ihn um seinen Ausweis gebeten hatte, wurde der Lehrer bösartig und wollte tätlich gegen den Wärter vorgehen. Der Lehrer behauptete, dass er keinen Ausweis benötige und Hinweisschilder gingen ihn nichts an. Nur wegen der Anwesenheit der Kinder hat der Wärter von einer gewaltsamen Entfernung des Betreffenden Abstand genommen. Ich bitte aber das Amt für Denkmalpflege den Herrn Lehrer Jahn einmal auf die Bestimmungen des Naturschutzes und auf die Pflichten eines Lehrers aufmerksam zu machen.

Außerdem bitte ich von Seiten der Regierung aus, der Gemeinde Insel Poel zu Beginn der Saison ein Schreiben zu schicken, in dem sie darauf aufmerksam macht, dass die Gemeinde verpflichtet ist, den Koppelzaun auf der Insel vorschriftsmäßig instand zu setzen, damit das Jungvieh nicht ausbrechen kann. Gerade durch das Jungvieh wird immer wieder beim Ausbrechen aus der Koppel das Dach der Schutzhütte abgefressen.

Der Hagelschlag am 28.6.50 hat sehr viele Jungmöwen sowie viele Altmöwen auf ihren Nestern erschlagen. Das Beringen der Jungmöwen wurde in diesem Jahr durch Herrn Thorbeck aus Bad Doberan durchgeführt. Außerdem waren während der ganzen Saison abwechselnd Studenten der Universität Rostock für fachliche Beobachtungen anwesend.