Zur Geschichte von Walfisch

WalfischWismar-Bucht,
Sonnenuntergang im Mai 1963, Foto: H.-W. Nehls

Ziegel für den Bau des Geschützturms auf der Insel Walfisch kamen aus Lübeck

Auf der kleinen Insel Walfisch befinden sich heute noch Reste eines Seekastells aus dem 17. Jahrhundert, die als archäologisches Denkmal ausgewiesen sind. Neben hölzernen Eichenpfahlreihen und Grundmauern der Bastion, die sich im Flachwasserbereich erhalten haben, liegen Reste von Granitblöcken und Ziegeln am nordwestlichen Spülsaum verstreut. Der Schutt stammt von dem einstigen Geschützturm. Dessen Sockel war aus Granitblöcken errichtet, die Wände mit Ziegeln gemauert und das Dach feuerfest gedeckt. Als nach der Einnahme der Wismarer Festung der Turm im Jahr 1718 gesprengt wurde, blieben die Trümmer einfach liegen. Später sammelten Bewohner Wismars hieraus verwertbares Baumaterial und transportierten es ab. Erst im August 1905, als die Insel in den Besitz der Stadt Wismar überging, wurde dies untersagt.

Fast 300 Jahre nach der Sprengung des Turms fand sich in den letzten Resten des Bauschutts ein Ziegelbruchstück mit der Lübecker Schlüsselmarke. (Fund und Foto: Burkhard Freitag, Juni 2013)
Fast 300 Jahre nach der Sprengung des Turms fand sich in den letzten Resten des Bauschutts ein Ziegelbruchstück mit der Lübecker Schlüsselmarke. (Fund und Foto: Burkhard Freitag, Juni 2013)

Burkhard Freitag, einer der hiesigen Vogelschützer, die ein Betretungsrecht für das Naturschutzgebiet Insel Walfisch besitzen, entdeckte vor einiger Zeit zwischen den flächig verstreuten Schuttresten einen Ziegel mit einer auffälligen Marke, bestehend aus einem 45 mm langen Schlüssel und den Buchstaben SP. Mit dieser Schlüssel-Marke kennzeichnete der Ziegelhof der St.-Petri-Kirche in Lübeck seine Brennprodukte. Die Initialen „SP“ stehen für den Heiligen Petrus, der nach römisch-katholischer Auffassung als Stellvertreter Christi auf Erden einer der wichtigsten Heiligenfiguren ist. Der Schlüssel ist sein Attribut und weist auf seine Rolle als Verwahrer der Schlüssel zum Himmelsreich. Zwischen 1683 und 1693 lieferte die Lübecker St.-Petri-Ziegelei Baustoffe für den Festungsbau auf der Insel Walfisch, dessen Antransport über See von der Verladestelle des Ziegelhofes an der Trave hin zur Insel Walfisch relativ problemlos war.

Auf dem gefundenen Stück ist die Marke auf der Lagerfläche des Ziegels angebracht, war also nach der Vermauerung nicht zu sehen. Dies war auch nicht bezweckt; der Stempel hatte eher eine Bedeutung beim Herstellungs- und Vermarktungsprozess der Ziegelware, sie diente vermutlich zur Registrierung der Posten und galt als Herkunftshinweis des Materials. Wahres Finderglück, denn nur die allerwenigsten Backsteine wurden vor ihrem Brand so gemarkt.

Trümmer Blick nach Nord Trümmer Blick nach SüdenFlächig verstreute Backsteinreste und Natursteintrümmer an der nordöstlichen Uferzone der Insel Walfisch (Fotos: Rita Gralow)

Rita Gralow
Hansestadt Wismar, Bauamt
Abteilung Sanierung und Denkmalschutz
Kopenhagener Straße 1
23966 Wismar